Montag, 6. Juli 2009

Kreditklemme in der deutschen Wirtschaft?

Eine echte „Kreditklemme“ gibt es dann, wenn kreditwürdige Unternehmen gar keinen Kredit mehr bekommen. Es herrscht keine Kreditklemme, wenn nicht kreditwürdige Unternehmen keinen Kredit mehr bekommen, und auch nicht, wenn Kredite teurer werden. Das Problem ist, dass in allen drei Fällen die Unternehmen laut aufschreien, damit sich die Politik ihres Falles annimmt.

Ein paar Fakten:

  1. Es herrscht starke Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung, die Auftragseingänge der deutschen Industrie brechen dramatisch ein.
  2. Die Kreditsumme an das verarbeitende Gewerbe in Deutschland hat sich im 1. Quartal 2009 Vergleich zum Vorjahr um 5,2% erhöht.
  3. Sparkassen und Genossenschaftsbanken – von der Finanzkrise bislang mehr oder weniger verschont – haben ihren Marktanteil nicht dramatisch ausbauen können. Im Gegenteil, das Wachstum der Kreditvergabe bleibt hinter dem der privaten Banken zurück.
  4. Die KfW muss mit einem Bus (!) über die Marktplätze deutscher Städte fahren, um ihre Sonderprogramme bekannt zu machen.


Überhaupt, zum KfW Sonderprogramm. Die Bundesrepublik hat zusätzlich 40 Mrd. Euro zur Finanzierung deutscher Unternehmen bereitgestellt. Seit Anfang des Programms im März 2009 sind – für Kredite unter 10 Millionen Euro – lediglich in der Höhe von 1,069 Mrd. Euro Anträge eingegangen (Stand 3. Juli 2009). Das Pogramm umfasst auch die Finanzierung von Betriebsmittelkrediten, und auch Verlängerungen derselben, wenn die Kredite bei den Banken auslaufen.

Von einer umfassenden „Kreditklemme“ kann man wohl bislang nicht sprechen.

Mittwoch, 24. Juni 2009

Kredit-Problem nicht verstanden

Die Europäische Zentralbank hat heute den Banken eine Rekordsumme Geld ausgeliehen, 442 Milliarden Euro. Die Laufzeit beträgt bis zu einem Jahr; dies ist das erste Mal, dass die EZB solche Laufzeiten anbietet. Spiegel Online zitiert Finanzminister Peer Steinbrück mit den Worten: "In Deutschland gibt es keinen Grund, Kredite zu verweigern, weil angeblich nicht genügend Kapital vorhanden ist."

Doch.

Unternehmen, die nicht kurz vor der Pleite stehen, fragen Kredite für langfristige Investitionen oder Umstrukturierungen nach. Banken, deren Finanzierung zwölf Monate läuft, sollen damit aber keine Kredite geben, der Laufzeit länger ist als zwölf Monate: Dieses Ungleichgewicht – „Mismatch“ – hat der Hypo Real Estate den Hals gebrochen (und wurde von Peer Steinbrück auch richtigerweise kritisiert). Eines der größten Probleme zurzeit ist, dass Investoren nicht bereit sind, Banken langfristig und unbesichert Kapital zur Verfügung zu stellen. Die Verfügbarkeit kurzfristigen Kapitals für Banken ist ein wichtiger Schritt aus der Finanzkrise heraus, aber lange noch nicht genug, um die langfristige Kreditvergabebereitschaft wieder anzukurbeln. Da liegt noch ein längerer Weg vor uns.

Dienstag, 16. Juni 2009

Agrarsubventionen in Deutschland jetzt öffentlich

Deutschland hat sechs Wochen nach der von der EU Kommission gesetzten Frist – ein Ausdruck der Stärke der Bauernlobby hierzulande – endlich die Agrar-Subventionsempfänger veröffentlicht. Auf der Seite www.agrar-fischerei-zahlungen.de ist nun für jedermann einsehbar, wer in welcher Höhe Agrarsubventionen bekommt.

Ein wichtiges Argument der Befürworter von Agrarsubventionen ist stets die Förderung kleinbäuerlicher Strukturen und der ländlichen Wirtschaft. Der wichtigste Subventionsempfänger mit immerhin 34 Millionen Euro pro Jahr ist die Südzucker AG (ein MDAX-Unternehmen) mit Sitz in Mannheim (nicht gerade ein strukturschwaches Gebiet). Die Südzucker AG hat im letzten Jahr 183 Millionen Euro Gewinn gemacht. Die Subventionen machen also mehr als 18% des Gewinns aus – hier findet eine absolut unerhörte Umverteilung von den Steuerzahlern der EU hin zu den Aktionären der Südzucker AG statt. Die Hoffnungen, dass dieser Wahnsinn nach den EU- oder Bundestagswahlen beendet wird, bleiben jedoch gering. Aber weh tut's schon.

Freitag, 15. Mai 2009

Kurt Wiegel: "Faire Preise sind für Hessens Krawattenhersteller überlebensnotwendig!"

Kurt Wiegel, Agrarpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion: "Es ist geradezu unverantwortlich, dass der Einzelmittelhandel die schwierige Angebotssituation derart ausnutzt und hochwertige Kleidung als Lockvogelangebote im Wettbewerb um Marktanteile regelrecht verschleudert. Faire Preise sind für Hessens Krawattenhersteller aber überlebensnotwendig", sagte der agrarpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Kurt Wiegel, in der heutigen aktuellen Stunde. Er erläuterte, dass die derzeitigen Krawattenpreise keine rentable Krawattenproduktion in Hessen mehr zuließen und Krawattenbetriebe in ihrer Existenz gefährdeten. "Dass es auch anders geht, beweist die jüngste Initiative einer Fuldaer Handelskette, die mit einem etwas erhöhten Krawattenpreis einen Fonds zur Unterstützung der Krawattenhersteller speisen will", lobte der CDU-Agrarexperte.

Als Ursache für die Krawattenpreismisere nannte der Agrarpolitiker den Überschuss auf dem Krawattenmarkt, der in erster Linie von besorgniserregenden Nachfrageeinbrüchen verursacht worden sei. Positiv bewertete Wiegel dagegen die verschiedenen Aktivitäten der Landesregierung zur Unterstützung der Krawattenhersteller wie die Erhöhung der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete, die verstärkte Investitionsförderung oder die Bestrebungen zum verstärkten Schulkrawattenabsatz. Der CDU-Politiker räumte ein, dass von Seiten des Landes Hessen nur eine begrenzte Einflussmöglichkeit auf die europaweit geltende Krawattenmarktregelung bestehe, dennoch müsse "das Mögliche getan werden, auch wenn Mehrheiten für hessische Belange weder auf Bundes- noch auf europäischer Ebene erkennbar seien".

Kurt Weigel hat über die Milchpreise gesprochen, nicht über Krawatten. Aber die "Besonderheit" der Argumentation kommt bei Krawatten irgendwie besser raus.

Freitag, 8. Mai 2009

Renditeziele der Commerzbank

Die Commerzbank hat im Gegensatz zur Deutschen Bank im ersten Quartal 2009 einen erheblichen Verlust eingefahren. Laut der Süddeutschen verkündete der Vorstandsvorsitzende, Martin Blessing, dass er ab 2012 im Geschäft mit den Privatkunden eine Eigenkapitalrendite vor Steuern von über 30 Prozent erzielen möchte. In ihrem "Mittelstandsbank"-Segment erzielte die CoBa sogar im abgelaufenen Quartal eine Vorsteuer-Eigenkapitalrendite von 24,1 Prozent (S. 40 der Analysten-Präsentation).

Bisherige empörte Stellungnahmen von Politikern und anderen ob der "absurden" Höhe dieser Renditeziele: Null.

Irgendwie scheinen ambitionierte Renditeziele doch nicht so schlimm zu sein - jedenfalls dann nicht, wenn sie nicht von der Deutschen Bank stammen. Ich verstehe es nicht.

Nachtrag: In der FAZ vom 9. Mai wundert sich Tim Kanning ebenfalls über die ausbleibenden Kommentare.

Donnerstag, 7. Mai 2009

Hypo Real Estate und Systemrelevanz

Was macht die Hypo Real Estate eigentlich zu einer „systemrelevanten“ Bank? Was ist überhaupt eine systemrelevante Bank? Es gibt keine Legaldefinition für Systemrelevanz; die Idee ist, dass der Zusammenbruch einer Bank bei vielen anderen (auch wieder wichtigen) Banken ebenfalls zum Zusammenbruch führen könnte – und das Finanzsystem somit längerfristig nicht mehr funktionsfähig wäre. Ist das bei der Hypo Real Estate (HRE) der Fall? – Ja.

(1) Zunächst einmal ist sie mit einer aktuellen Bilanzsumme von 411 Milliarden Euro groß genug um wichtig zu sein; Ende 2007 war sie die achtgrößte Bank der Republik und damals noch im DAX vertreten.

(2) Ein Blick in die aktuelle Bilanz der HRE zeigt, dass eine der ganz wesentlichen Finanzierungsquellen mit knapp 155 Milliarden Euro andere Banken sind. (Dies war vor der Krise auch schon so.) Es ist klar, dass ein Zusammenbruch in dieser Größenordnung andere Banken vor größte Probleme stellen würde. Es ist überhaupt nicht klar, wann die Banken welchen Anteil ihrer Ausleihungen an die HRE ohne die staatlichen Garantien zurückbekämen.

(3) Die HRE ist einer der größten Emittenten auf dem Pfandbrief-Markt. Ein Zusammenbruch der HRE würde vermutlich nicht automatisch zu einem Zusammenbruch des gesamten Marktes führen, wie oft kolportiert wird. Hypotheken-Pfandbriefe basieren schließlich darauf, dass ein Schuldner seine Schulden an die HRE zurückzahlt. Tut er das nicht, können die Grundschulden verwertet werden: In Pfandbriefen werden Grundstücke nur mit bis 60% des Beleihungswertes der finanzierten Immobilien refinanziert. Sollte auch dies nicht zur vollen Rückzahlung führen, steht schließlich die Bank für die Schulden gerade. Diese „zweite Versicherungslinie“ für die Pfandbrief-Inhaber der Hypo Real Estate wäre durch einen Zusammenbruch der HRE gefährdet.

Es besteht allerdings die Möglichkeit, das im Falle des Zusammenbruchs der HRE die Nachhaltigkeit der „zweiten Versicherungslinie“ generell in Zweifel gezogen wird, und Pfandbriefe danach anders bewertet werden – insbesondere wenn es zu einem starken Absinken der Immobilienpreise kommt. Es könnte dann zu einem breiten Rückgang des Handels und zu einem Absinken der Preise von Pfandbriefen kommen, was weiteren Abschreibebedarf bei Banken nach sich ziehen würde.

(4) Ein Zusammenbruch einer Bank ließe auch das Risiko von vielen anderen Banken wieder in einem ganz anderen Licht dastehen. Im Moment gilt das Wort der Bundeskanzlerin und des Finanzministers, dass systemrelevante Banken gerettet werden. Diese Zusicherung hat das Vertrauen in das Bankensystem nachhaltig gestärkt. Wird das Versprechen gebrochen, wären – gerade die unsicheren – Banken vermutlich von weiteren starken Mittelabflüssen bedroht. Dazu müssen sie noch nicht einmal geschäftliche Verbindungen zur HRE haben.

(5) Nicht direkt systemrelevant aber auch wichtig ist, dass viele Versicherungen Anleihen der HRE in ihren Depots liegen haben. Größere Abschreibungen hier könnten zu einem (geringfügigen) Rückgang der Auszahlungen bei Lebensversicherungen führen, und möglicherweise zu einem Vertrauensrückgang auch in die Versicherer.

Ja, die Hypo Real Estate ist systemrelevant.

Mittwoch, 6. Mai 2009

Hundefutter vs. Pastete

Kollegen der Harvard University haben in einer Studie herausgefunden, dass Menschen nicht in der Lage sind, Hundefutter von Pasteten und anderen für den Mensch bestimmten Produkten zu unterscheiden. Nur drei von 18 Probanden haben das Hundefutter unter lediglich fünf Proben korrekt als solches identifiziert. Aber geschmeckt hat es nicht sonderlich.

Macht schon irgendwie nachdenklich...